Tourismus ist eine Dienstleistung. Der persönliche Kontakt zum Gast steht im Mittelpunkt unserer Leistung und beeinflusst das Urlaubsgefühl nachhaltig. Das Hotelzimmer war gut ausgestattet, aber das Personal unfreundlich? – Das Haus empfehle ich nicht weiter! Ich hatte einen Wunsch, aber er wurde nicht erfüllt? – Ich komme nicht wieder!
Im Idealfall ist eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter im Kundenservice eine freundliche, hilfsbereite Natur mit ausgeprägtem Servicegedanken. Im Umgang mit behinderten und älteren Gästen haben aber viele im Team keine persönlichen Erfahrungen, sie sind unsicher. Hintergrundinfos und Training sind in diesem Bereich extrem wichtig.
In meinen Schulungen für Servicemitarbeiter*innen gebe ich Hinweise und mache viele Übungen. Aber ein Punkt geht über all das weit hinaus: echtes Verständnis für eine Behinderung und vor allem für den Menschen mit Behinderung.
Die aktuelle Diskussion um die Kostenübernahme der Krankenkassen von weiteren Maßnahmen zur Pränataldiagnostik zeigt, dass unsere Gesellschaft dieses Verständnis nicht besitzt. Und auch in meinen Schulungen kommen immer wieder Diskussionen auf, bei denen ich als Sprachrohr der Betroffenen das Gefühl habe, gegen eine Wand aus Unverständnis zu sprechen. Dabei ist dieses Unverständnis weder bewusst noch böswillig. Sie sitzt einfach zu tief, unsere Vorstellung, dass nur ein Leben ohne Behinderung lebenswert ist.
Jeder Mensch lebt sein Leben so wie er ist
Viele Menschen mit Down-Syndrom haben protestiert, als es um die Frage ging, ob die neuen Maßnahmen zur Pränataldiagnostik von der Krankenkasse übernommen werden sollen. Sie haben Angst, dass die Durchführung der Maßnahmen dazu führt, dass Kinder gar nicht erst geboren werden. Kinder, die wie sie sind. Ihr Leben soll nicht lebenswert sein. Bereits heute werden 9 von 10 Kindern, bei denen im Mutterleib eine Trisomie festgestellt wird, abgetrieben. Menschen mit Down-Syndrom fühlen sich verachtet. Es soll niemand mehr auf die Welt kommen “müssen”, der so ist wie ich? Na, vielen Dank! Ich lebe gerne! Und zwar eben genau so wie ich bin!
Eine andere Diskussion wurde zeitgleich geführt und verdeutlicht mein Anliegen vielleicht noch besser: Die gehörlosen Eltern eines gehörlosen Kindes haben entschieden, dass ihrem Kind KEIN Cochlear-Implantat eingesetzt werden soll. Mit dem Implantat könnte das Kind vermutlich hören. Dieser Fall stieß bundesweit auf Unverständnis – und genau hier ist mein Punkt: Wir haben kein Verständnis dafür, dass ein Leben ohne Hören ein gutes Leben sein kann. Kann es aber! Und wer weiß das besser als die gehörlosen Eltern, die selbst glücklich leben und das Hören als nicht notwendig empfinden – auch nicht für ihr Kind?
Unser Umgang mit den Menschen entscheidet
Entscheidend, ob ein Mensch mit Behinderung glücklich leben kann oder nicht, ist der Umgang unserer Gesellschaft mit ihm und seiner Behinderung. Wenn wir verstehen, dass der Mensch eben so ist wie er ist und dass die Behinderung ein Teil (aber eben nur EIN Teil) dieses Menschen ist, dann sind wir auf dem richtigen Weg.
Als ehrenamtliche Sterbebegleiterin kenne ich viele Diskussionen und Gedanken dazu, was lebenswertes Leben bedeutet – oft in Zusammenhang mit Krankheit und Pflegebedürftigkeit, aber oft auch ganz unabhängig davon, in einem weiter gefassten Rahmen. Menschenleben sind so vielfältig, so komplex. Behinderung ist da nicht das Einzige, was uns auf dem Lebensweg lenkt…
Wenn Sie mehr über den adäquaten “Umgang mit behinderten und älteren Gästen” erfahren und ihn an Beispielsituationen aus dem Tourismus trainieren wollen, dann besuchen Sie meine gleichnamige Schulung. Sie kann als Inhouse-Schulung gebucht werden und findet immer wieder auch als offene Schulung statt.
Und wenn Sie weiter philosophieren möchten über “lebenswertes Leben”, dann sei Ihnen ein Buch empfohlen, das in diesem Artikel zusammengefasst wird:
Zusammenfassung “Was ist ein lebenswertes Leben” (Barbara Schmitz)